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Auflösungsantrag durch den Arbeitgeber wegen Streits mit Kollegen?
10.11.2009. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat dem Antrag eines Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach einer vom Gericht für unwirksam erachteten Kündigung statt gegeben, weil es der Ansicht war, dass es aufgrund eines Fehlverhaltens der Arbeitnehmerin zu einer "Lagerbildung" im Betrieb gekommen sei.
Bei der Entscheidung über Auflösungsanträge des Arbeitgebers bewegen sich die Gerichte in einem weitgehend rechtsfreien Raum. Handfeste Tatbestandsvoraussetzungen für den Erfolg eines Auflösungsantrags gibt es nicht wirklich, weil alle Umstände des Einzelfalls relevant sein können.
Die Frage um Auflösungsantrag oder Wirksamkeit einer Kündigung wurde vom LAG Schleswig-Holstein in folgender Entscheidung behandelt: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.09.2009, 6 Sa 97/09.
- Über welche Rechtsfrage hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden?
- Welcher Sachverhalt lag der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zugrunde?
- Wie hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden?
Über welche Rechtsfrage hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden?
Erhält ein Arbeitnehmer eine Kündigung, die sozial ungerechtfertigt ist, kann er dies im Wege einer Kündigungsschutzklage gerichtlich feststellen lassen. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) eröffnet jedoch nicht nur die Möglichkeit, die Unwirksamkeit einer Kündigung gerichtlich feststellen zu lassen. Vielmehr haben die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits auch die Möglichkeit, einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung zu stellen.
Diese Möglichkeit besteht zum einen für den Arbeitnehmer, wenn diesem trotz festgestellter Unwirksamkeit der Kündigung die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist (§ 9 Abs.1 Satz 1 KSchG). Da es meist mehr Erfolg verspricht, sich gütlich im Wege des Vergleichs auf die Zahlung einer Abfindung zu einigen, als diese im Rahmen eines Auflösungsantrags in das Ermessen des Gerichts zu stellen, machen Arbeitnehmer von dieser Möglichkeit in der Praxis nur selten Gebrauch.
Häufiger schon kommt es vor, dass Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess beantragen, das Arbeitsverhältnis - unter der Voraussetzung der Unwirksamkeit der Kündigung wegen Verstoßes gegen § 1 KSchG – durch Urteil aufzulösen. § 9 Abs.1 Satz 2 KSchG ermöglicht dies,
„wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.“
Auch hier ist der Arbeitgeber, wenn sein Auflösungsantrag Erfolg hat, zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen. Ein solcher Antrag wird daher in der Regel als Hilfsantrag für den Fall des Erfolgs der Kündigungsschutzklage gestellt: In erster Linie will der Arbeitgeber den Prozess ja ohne Abfindungszahlung für sich entscheiden, d.h. durch Abweisung der vom Arbeitnehmer angestrengten Klage.
Da der Auflösungsantrag des Arbeitgebers die Sozialwidrigkeit und damit die Unwirksamkeit der von ihm ausgesprochenen Kündigung voraussetzt, macht ein erfolgreicher Auflösungsantrag im Ergebnis den Kündigungsschutz zunichte: Immerhin konnte der Arbeitnehmer das Gericht von der Unwirksamkeit der Kündigung überzeugen und wollte bis zuletzt seinen Arbeitsplatz erhalten - und verlor ihn dennoch. Daher betont die Rechtsprechung stets, dass eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers „nur ausnahmsweise in Betracht“ komme und dass an die Auflösungsgründe „strenge Anforderungen“ zu stellen seien. Das Verhältnis der Parteien muss daher, so heißt es in Urteilen auch oft, „zerrüttet“ sein.
Ein möglicher Auflösungsgrund ist das angespannte Verhältnis zwischen dem gekündigten Arbeitnehmer und anderen Arbeitnehmern des beklagten Arbeitgebers. Dabei genügt allerdings noch nicht die Weigerung von Arbeitskollegen, mit dem gekündigten Arbeitnehmer weiter zusammenzuarbeiten, da sich der Arbeitgeber in solchen Fällen zunächst einmal schützend vor diesen stellen muss. Anders ist ein gestörtes Verhältnis des gekündigten Arbeitnehmers zu Arbeitskollegen aber möglicherweise dann zu beurteilen, wenn er selbst durch sein Verhalten diese Störungen (mit-)verursacht hat.
Über einen solchen Fall hatte vor kurzem das LAG Schleswig-Holstein zu entscheiden (Urteil vom 09.09.2009, 6 Sa 97/09).
Welcher Sachverhalt lag der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zugrunde?
Die Klägerin war seit 2002 beim beklagten Land in einer Fachhochschule als Sachbearbeiterin beschäftigt. Mit Schreiben vom 12.10.2007 kündigte das Land das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht. Nach Übergabe der Kündigung am 15.10.2007 leerte die Klägerin auf ihrem PC einen bestimmten Ordner. Der Kanzler der Hochschule warf ihr daraufhin vor, die Daten auf ihrem PC gelöscht zu haben, was die Klägerin bestritt.
Mit Schreiben vom 23.11.2007 kündigte das Land erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht sowie nochmals mit Schreiben vom 21.04.2008 ordentlich zum 31.10.2008, nachdem zwei Mitarbeiterinnen angekündigt hatten, das Arbeitsverhältnis zu beenden, falls die Klägerin an ihren Arbeitsplatz zurückkehren sollte. Dabei legten sie im Rahmen einer Zeugenvernehmung vor Gericht ausführlich dar, dass die Klägerin oft einen unangemessenen Befehlston anschlage. Außerdem warfen sie der Klägerin unkooperatives Verhalten vor und führten dazu Beispiele an.
Einige Professoren und Mitarbeiter unterzeichneten in der Folge eine gemeinsame Erklärung, dass sie es begrüßen würden, wenn die Klägerin in ein neu zu definierendes Prüfungsamt des Fachbereichs Wirtschaft eingegliedert würde.
Das Arbeitsgericht Elmshorn stellte die Unwirksamkeit der ersten Kündigung fest und löste das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Landes gegen Zahlung einer Abfindung auf (Urteil vom 22.01.2009, 51 Ca 1428 c/08)
Daraufhin legten beide Parteien Berufung zum LAG Schleswig-Holstein ein.
Wie hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden?
Das LAG Schleswig-Holstein wies die Berufung beider Parteien zurück, d.h. es bestätigte das Urteil der ersten Instanz. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) ließ es nicht zu.
Die erste Kündigung hielt das LAG als außerordentliche wie als ordentliche Kündigung für unwirksam, weil die der Klägerin in diesem Zusammenhang gemachten Vorwürfe nicht bewiesen werden konnten: Das Land konnte nach Ansicht des LAG nicht nachweisen, dass die Klägerin die Daten auf ihrem PC gelöscht habe.
Das führte die Klägerin aber im Ergebnis nicht zum Erfolg, da das LAG wie das Arbeitsgericht der Meinung war, dass das Arbeitsverhältnis entsprechend dem Antrag des Landes gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen sei. Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit der Parteien sei nämlich nicht anzunehmen (§ 9 Abs.1 Satz 2 KSchG).
Allein die Weigerung der beiden Kolleginnen, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten, reichte dem LAG dabei allerdings noch nicht aus. Ausschlaggebend war vielmehr, dass diese Frontstellung durch ein konkret geschildertes Fehlverhalten der Klägerin begründet war. Daher müsse das Land, so das LAG, sogar im Falle der angekündigten Kündigung der beiden Kolleginnen damit rechnen, dass sich die Klägerin weiterhin, d.h. gegenüber künftigen Arbeitskollegen, unkooperativ verhalten und sich im Ton vergreifen würde.
Darüber hinaus meinte das LAG mit Blick auf die gemeinsame Erklärung verschiedener Professoren und Kollegen der Klägerin, eine „Lagerbildung“ feststellen zu können. Ob die Klägerin diese Lagerbildung herbeigeführt oder sogar gewollt habe, hielt das Gericht für unerheblich. Es sei nicht auszuschließen, dass die Klägerin auch künftig durch ihr nahestehende Arbeitnehmer unterstützt werden würden.
Das Urteil ist möglicherweise zurecht ergangen, kann aber mit der vom LAG gegebenen Begründung nicht überzeugen:
Letztlich wurde der Klägerin zum Verhängnis, dass sich zwei Kolleginnen als Zeuginnen ausführlich zu ihren angeblichen Defiziten „im Bereich der kollegialen Zusammenarbeit“ geäußert hatten.
Da ein unfreundlicher „Befehlston“ und ein „unkooperatives“ Verhalten ohne vorherige Abmahnungen nach dem KSchG keine sozial gerechtfertigte Kündigung nach sich ziehen können, müssten solche Defizite stärker auf die künftige Einsetzbarkeit der Klägerin durchschlagen als vom LAG herausgearbeitet: Ob eine Versetzung möglich gewesen wäre, wird aber nicht weiter erörtert, obwohl eben eine solche Lösung des Konflikts von den die Klägerin unterstützenden Mitarbeitern angeregt worden war. Hier bleiben die Gründe, die einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit entgegenstehen sollen, dunkel.
Diese zugunsten der Klägerin abgegebene Erklärung hätte das Gericht auch nicht unbedingt als „Lagerbildung“ zulasten der Klägerin berücksichtigen müssen. Auch hier wäre eine gegenteilige Bewertung möglich gewesen, nämlich die Interpretation als positives Signal und damit als Relativierung der negativen Aussagen der beiden Zeuginnen.
Fazit: Bei der Entscheidung über Auflösungsanträge des Arbeitgebers bewegen sich die Gerichte in einem weitgehend rechtsfreien Raum. Handfeste Tatbestandsvoraussetzungen, ohne die ein Auflösungsantrag keinen Erfolg haben kann, gibt es nicht wirklich, weil alle Umstände des Einzelfalls (irgend-)eine Rolle spielen können. Da Arbeitgeber bei eher kurzer Dauer des Arbeitsverhältnisses keine hohen Abfindungszahlungen riskieren, spricht aus Arbeitgebersicht wenig gegen einen Auflösungsantrag (jedenfalls in „aussichtslosen“ Fällen). Für den Arbeitnehmer müssen dagegen im Prozess die Alarmglocken schrillen, wenn die Gegenseite einen Auflösungsantrag ankündigt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.09.2009, 6 Sa 97/09
- LAG Schleswig-Holstein (Website)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 12/245 Konkurrenzverbot und Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/043 Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei unwirksamer Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/227 Auflösungsantrag bei unwirksamer Kündigung
Letzte Überarbeitung: 23. August 2016
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